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Der Herr der fliegenden Pferde

Zu Besuch bei Martin H. Atock

Von Sabine Becker-Stils

Er ist ein penibler Perfektionist. Und ein absoluter Workaholic.
Er erledigt nicht nur irgendeinen Job, sondern arbeitet mit hundertprozentiger Passion, mit atemberaubender Präzision und einer Begeisterungsfähigkeit, die ansteckt und mitreißt.
Die Rede ist von Martin Atock, dem "Herrn der fliegenden Pferde", dem Chef von Peden Bloodstock, der wohl berühmtesten Pferde-Spedition der Welt. Die RRP besuchte den gebürtigen Iren Martin Atock an seinem Wohn- und Arbeitssitz im niederrheinischen Rheurdt.

Wer ist derjenige, dem die berühmtesten Rennpferde, die erfolgreichsten Dressur- und Springpferde, die wertvollsten Zuchthengste anvertraut werden, um sie von einem Punkt dieser Erde zu einem anderen zu transportieren?
Martin Atock, gebürtig in Dublin, absolvierte das Columbus College. Reiten war sein Hobby seit frühester Jugend, und wie es sich für einen Iren gehört, ritt Martin Atock Vielseitigkeit; durchaus erfolgreich, vertrat er doch in jungen Jahren sein Land bei der Euro. Ein schwerer Reitunfall, bei dem sich Martin Atock die Wirbelsäule brach, brachte ihn monatelang ins Krankenhaus und setzte seiner Reitkarriere ein jähes Ende; den Pferden blieb er aber weiterhin verbunden.

"Ich habe einfach etwas gesucht, um mich auch weiterhin den Pferden widmen zu können." Die Firma Peden Bloodstock, ein Familienunternehmen, gibt es übrigens auf der britischen Insel schon seit Beginn des letzten Jahrhunderts - schon damals kümmerte man sich um spezielle Pferdetransporte. Bereits im Jahre 1947 wurden erstmals Pferde per Flugzeug befördert. 1988 kam Martin Atock nach Deutschland, zunächst nach Norddeutschland; seit dem Jahr 2000 lebt der Ire mit Gattin und vier Kindern im Rheinland. Mittlerweile sind es über 25.000 Pferde, die Martin Atock quer über den Globus geflogen hat - vom privaten Pony bis hin zum millionenschweren Spitzensportler. "Wissen Sie: irgendwo ist immer jemand, der dieses Pferd lieb hat - egal, ob es ein 500 Euro-Pony oder ein 20 Millionen-Rennpferd ist. Das ist unsere Devise, und so handeln wir auch." Gut und sicher angekommen sind seine vierbeinigen Kunden bisher immer - Resultat von perfekter Vorbereitung und Organisation. Atock selber sagt dazu nur mit wahrhaft britischem Understatement "Bislang haben wir immer Glück gehabt." Für dieses "Glück" sorgen an Bord eines Flugzeugs natürlich auch die Professional Flying Grooms von Peden, langjährig ausgebildete Fachleute, die ganz genau wissen, was zu tun ist, wenn einer ihrer Schützlinge in 32.000 Fuß Höhe auf einmal ein Problem bekommt. Die Flying Grooms von Peden, allesamt Briten und allesamt Pferdeleute, beginnen ihre Ausbildung samt und sonders in Newmarket, dem britischen Vollblut-Mekka. Nach 2 - 3 Jahren in Newmarket und weitergehender Ausbildung dürfen sie erstmals zusammen mit erfahrenen Flying Grooms einen Lufttransport begleiten - meist die Transporte, wo ein größeres Lot von Pferden mit entsprechender Anzahl Begleiter einen Transatlantik-Flug unternimmt. Erst wenn die Flying Grooms soviel Erfahrung gesammelt haben, dass sie in der Lage sind, jeden denkbaren Ernstfall in 10.000 Meter Höhe zu bewältigen, dürfen sie alleine Pferde begleiten. Wobei Martin Atock anmerkt: "Das reine Fliegen ist ja nur noch 1% - die restlichen 99% sind exakte Vorbereitung." Dies gilt natürlich insbesondere für die "Sammeltransporte" zu Championaten, großen Turnieren und Rennen und natürlich in ganz besonderer Weise zu Weltreiterspielen und Olympische Spielen. Die Olympischen Spiele von Sydney waren sicherlich die bislang größte Herausforderung für Atock, der von sich selber sagt "Wenn man Herausforderungen hat, dann macht die Arbeit doch Spaß !" Über drei Jahre Vorbereitung steckten im größten und umfangreichsten Pferdetransport für Sydney 2000 - alles wurde bis ins kleinste Detail geregelt und organisiert; nichts, aber auch gar nichts darf bei solchen Aktionen dem Zufall überlassen werden. "Wenn man alles gründlich vorbereitet, dann kann auch alles genau klappen", so der Brite mit einer neuen Kostprobe des ihm eigenen Understatements. 220 Pferde aus aller Welt, die nach wochenlanger Quarantäne - je nach Abflugort - bis zu 26 Stunden Flugzeit mit zwei Stops (in Dubai und Singapur) zu bewältigen haben - ein Mammutprojekt. Um auch wirklich jedes Restrisiko ausschließen zu können - und sei es ein technischer Defekt am Fluggerät - ließ Martin Atock beispielsweise nach Sydney jeweils einen leeren Frachtjumbo nachfliegen - für den Fall der Fälle hätten die Pferde sofort umgeladen werden können. "Es ist auch wichtig, sich auf das zu spezialisieren, was man richtig kann", meint Atock. Deswegen hat sich Peden Bloodstock ausschließlich auf Lufttransporte von Pferden spezialisiert. Transporte per LKW (beispielsweise zu oder von den jeweiligen Flughäfen) werden selbstverständlich auch mit angeboten, aber von renommierten Unternehmen durchgeführt, mit denen Peden zusammenarbeitet. Bei anderen Tierarten - zum Beispiel Wildtieren für Zoologische Gärten - verweist man direkt auf die jeweiligen Mitbewerber. "Wir haben vor vielen Jahren auch einmal Nashörner von einem Zoo in einen anderen transportiert - aber danach beschlossen, dass wir uns doch lieber auf Pferde konzentrieren", lacht Martin Atock. "Denn versuchen Sie mal, ein Nashorn zu verladen, das keine Lust hat, sich verladen zu lassen. Das schieben Sie nicht einfach mal so in einen Transportcontainer." Martin Atock, der Mann, für den das Wort Hindernis ein Ansporn ist, und in dessen Wortschatz der Begriff unmöglich völlig fehlt, kann nur eines absolut nicht leiden: Langeweile. Wenn er nicht gerade durch die Welt jettet, um vor Ort zu planen und zu organisieren, oder aber vom niederrheinischen Domizil aus das Unmögliche in Sachen Pferdetransporte möglich macht, dann kümmert er sich um sein Hobby. Das Hobby von Martin Atock und seiner Gattin stammt aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Es ist das jetzige Domizil der Familie, Schloss Leyenburg in Rheurdt. Als Atocks das Herrenhaus im Winter des Jahres 2000 kauften, war das Gebäude in einem schlicht grauenvollen Zustand, diente partiell beispielsweise der Reparatur von Motorrädern; der angrenzende Park stellte sich eher als Urwald dar. Mittlerweile erstrahlt Schloss Leyenburg wieder in neuem, alten Glanz - seit 4 Jahren wird jede freie Minute damit verbracht, den "Urwald" zu roden und im Haus mit Skalpell und Schwämmchen zentimeterdicke Farb- und Tapetenschichten abzulösen. Dass die Familie Atock für ihr Domizil den Rheinischen Denkmalpreis des Jahres 2004 bekamen, erfährt man nur im Nebensatz. "Es ist noch sehr viel Arbeit, bis alles fertig ist", so Martin Atock, "aber es macht doch Spaß." Die Begeisterung, mit der sich der sympathische Ire mit Wahlheimat Rheinland um seinen Job - ebenso wie um sein Hobby - kümmert, steckt wirklich an. Das Projekt der "fliegenden Pferde" wird zum Faszinosum, hört man Martin Atock erzählen. Und man kann nur zu gut verstehen, dass ihm nicht nur Rennstallbesitzer und Goldreiter ihre "Millionen auf vier Beinen" anvertrauen; sondern auch das nach Kanada ziehende junge Pärchen die zur Familie gehörenden, heißgeliebten Freizeitpferde. Denn man weiß: wenn sich Martin Atock und Peden um etwas kümmern, dann klappt es auch. q

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