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09/2000:Pferde kriegen keinen Jet-Lag
Ein Interview? Gerne. Nur wann?

Zeit, ohnehin Mangelware im Leben von Dr. Björn Nolting, ist in den Wochen vor den Olympischen spielen in Sydney knapper den je. Dennoch stahl er sich die Zeit für das Gespräch mit St. Georg-Mitarbeiterin Cornelia Wumkes.

SG: Welche Besonderheiten gibt es bei der Quarantäne vor Sydney und ihren strikten Vorschriften?

B.N.: Sehr viele, ich fange mal mit dem Futter an. Wir dürfen kein Futter mitnehmen nach Australien, es sei denn, die Firma hat dort eine Niederlassung wie  z.B. Winergy oder Pavo aus Holland. Diesen Weg gehen die Militaryreiter. Aber die Spring- und Dressurreiter wollten das nicht. Also hötten wir Futter nach Australien schicken können, das dann dort bestrahlt und von den Behörden geprüft worden wäre. Auch das machen einige. Aber ich finde das nicht so gut, weil das Futter sechs wochen aus See ist. Man wieß nie wie es ankommt. Außerdem habe ich erfahren, daß das Bestrahlen den Geschmack des Futters verändert. Manche Pferde reagieren darauf sehr empfindlich und fressen dann auch nicht oder schlecht.

SG: Und was machen Sie?

B.N.:  Wir nehmen Futter aus Australien. Ich habe aus Mainz Proben des Unternehmens geholt, das die Futtermittelversorgung übernommen hat. Das Futter ist von exzellenter Qualität. Schon 1988 in Seoul stand australisches Futter zur Verfügung. Ich habe den Dressurreitern das Futter gezeigt und sie gefragt, ob sie es wollen. Alle haben ja gesagt. Wir werden also alle Pferde mit australischem Futter füttern. Auch die Springpferde. Man muß nur vorsichtig anfüttern. Wenn man sich das Futter an Ort und Stelle besorgt, gibt es auch bei Beanstandungen und mit dem Nachschub keine Probleme.

SG: Wie beruteilen Sie den langen Transport nach Sydney?

B.N.: Das ist schon ein gewaltiges Unternehmen. Darum bin ich froh über die Quarantäne hier. Da haben die Pferde ihre Ruhe, keine Turniere, keinen Reisestress und können munter und erholt in Frankfurt verladen werden. Sie sind dann 26 Stunden unterwegs mit zwei Zwischenstopps.

SG: Wie groß ist der Stress auf einer 26-Stündigen Reise?

B.N.: Ich meine, er hält sich trotz allem in Grenzen. Das Raumklima bedeutet eine Art von Stress. Die Pferde werden bei 17 Grad geflogen. Dabei fühlen Sie sich wohl. Nur ihre Begleiter frieren, wenn sie sich nicht dick anziehen.

SG: Saufen die Pferde während des Fluges?

B.N.: Die Pferde müssen viel saufen, weil sie viel Flüssigkeit verlieren. Das gilt übrigens auch für die Menschen, wie mir die Besatzung auf dem Flug zum Weltcup-Finale in Las Vegas erzählt hat. Im Flieger ist die Luft einfach sehr trocken.

SG: Und wie wird während des Fluges gefüttert?

B.N.:  Nicht zuviel und vorzugsweise Mashfutter mit Weizenkleie, dazu Möhren. zu viel Heu ist während des Fluges nicht gut. Ich benutze Heu gerne für Start und Landungen, um die PFerde abzulenken. Am besten ist es, die Fütterungszeiten von zu Hause beizubehalten.

SG: Wo liegen die größten Probleme beim Fliegen mit Pferden?

B.N.: Panik, Fieber und Kolik sind die größten Gefahren. Um Panik zu vermeiden, werden alle unsere Pferde breit geflogen, das heißt, nicht drei, sonderen nur zwei Pferde stehen auf einer Palette. Im Notfall muß man mal ein Pferd sedieren. Ich mache das ungern schon prophylaktisch. Fieber ist problematisch, weil das Pferd apathisch wird, nicht säuft und nicht frisst. Und bei Kolik kann man auf dem Flug nur begrenzt helfen, weil man nicht führen kann.

SG: Haben Pferde Probleme mit der Zeitumstellung?

B.N.: Ich bin sicher, daß Pferde keinen Jet-lag kriegen. Wichtig ist mir, daß ich möglichst vorher weiß, wie die Pferde reisen. Auf dem Flug nach Sydney bin ich auch für die Military-Pferde verantwortlich, weil aus Platzgründen pro Nation nur ein Tierarzt mitfliegen kann. Darum bin ich in die Quarantäne nach Kreuth gefahren, damit mich die Militaryreiter und ich Reiter, Pfleger und Pferde kennenlerne.

SG: Sie sind also für etwa 20 Pferde verantwortlich. Ist das nicht ein bisschen zu viel?

B.N.: Nein. Ich bin jahrelang mit 60 Pferden nach Calgary geflogen. Wichtig ist, dasß die Begleitpersonen erfahren sind und keine Flugangst haben. Nach Sydney fliegen zwei Begleiter je Disziplin. Isabell Werth fliegt mit ihren Pferden, die Pfleger der Springpferde sind alle flugerfahren. Wir werden uns absprechen und ein Team sein. (Anm. Redaktion Peden-Bloodstock: Dr. Bjorn Nolting Statement zu Peden Bloodstock)

(Quelle: St. Georg 09/2000)

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